Darmmikrobiom

Die 3 Schichten des Darms

Lesedauer: 12 min
von Anja Müller-Lehmbach
von Anja Müller-Lehmbach

Wissenschaftlich geprüft von: Martin Gschwender

Mit der Fläche einer Einzimmerwohnung und einer Länge von bis zu sieben Metern ist unser Darm ein Organ der Superlative. Ein reines Verdauungsorgan? Weit gefehlt! „Zweites Gehirn“ oder „Zentrum unseres Wohlbefindens“ – es gibt viele Namen, die auf die beinahe unglaublichen Fähigkeiten des Darms hindeuten. Warum er auch als „Türsteher zu unserer Gesundheit“ bezeichnet werden kann und welche Rolle dabei die unterschiedlichen Schichten des Darms spielen, darüber wollen wir Sie in diesem Beitrag informieren.

Der Darm: Zentrum unseres Wohlbefindens

Auf einen Blick

  • Der Darm ist im Wesentlichen in drei Abschnitte eingeteilt: Dünndarm, Dickdarm und Mastdarm.

  • Jeder weiß, dass die Aufgabe des Darms darin besteht, Nahrung zu verdauen und dem Körper Flüssigkeit zugänglich zu machen. Doch darüber hinaus ist er außerdem für weniger bekannte Aufgaben wie die Regulation des Immunsystems oder unserer psychischen Gesundheit mitverantwortlich.

  • Im Querschnitt ist der Darm in mehrere Schichten aufgeteilt. Auch wenn es unterschiedliche Detailgrade in der Betrachtung gibt, besteht er im Wesentlichen aus dem Mikrobiom, der Mukusschicht und der Darmepithelzellenschicht, die auch Darmschleimhaut genannt wird.

  • Das Mikrobiom ist die Gemeinschaft der im Darm lebenden Mikroorganismen, allen voran Bakterien. Dieses Ökosystem steht in einem empfindlichen Gleichgewicht zueinander und hat laut Studien weitreichende Auswirkungen auf verschiedenste Bereiche unserer Gesundheit.

  • Die Mukusschicht oder auch Schleimschicht dient dem über ihr liegenden Mikrobiom als Nährboden und schützt die darunterliegende Darmbarriere außerdem vor Erregern und mechanischen Einwirkungen.

  • Die Darmepithelzellenschicht besteht aus einer einlagigen Schicht von Epithelzellen, die durch die sogenannten Tight Junctions miteinander verbunden sind. Ihre Aufgabe besteht darin, Nährstoffe passieren zu lassen, gleichzeitig aber unerwünschte Fremdstoffe abzuhalten.

 

Die Grundlagen des Darmsystems

Mit seinen vielfältigen Fähigkeiten ist der Darm ein hochkomplexes System, dessen Aufgabengebiet weit über die Verdauung und die Beförderung von Nahrungsmitteln mithilfe der Muskulatur hinausgeht. Um diese vielschichtigen Prozesse besser begreifen zu können, ist es wichtig, ein Verständnis für seinen Aufbau und seine Funktionsweise zu entwickeln. Von seinen unterschiedlichen Abschnitten hin zu den Schichten des Darms – im Folgenden erfahren Sie alles Wissenswerte rund um dieses Wunderwerk, das neben seiner essenziellen Rolle für der Aufnahme von Nährstoffen auch für die Aufrechterhaltung der (Darm-)Gesundheit und der Regulation des Immunsystems verantwortlich ist.

 

Anatomie des Darmsystems

Auch wenn der anatomische Aufbau des Darms entlang seiner Länge an dieser Stelle nicht unser thematischer Schwerpunkt sein soll, werfen wir zur allgemeinen Betrachtung einen kurzen Blick auf ihn. Der Darm befindet sich im Unterbauch und ist von Gewebe und einer Muskelschicht geschützt.
Grob lässt er sich in drei Abschnitte einteilen: den Dünndarm, den Dickdarm sowie den Mastdarm. Auf ihrem Weg durch den Körper passiert die aufgenommene Nahrung eine Strecke von bis zu sieben Metern. Der Großteil davon fällt auf den direkt an den Magen anschließenden Dünndarm, fachlich auch Intestinum tenue genannt.

Die Aufgabe des Dünndarms besteht darin, dem vom Magen vorverdauten Nahrungsbrei Nährstoffe und bereits etwa 80 Prozent seiner Flüssigkeit zu entziehen. Durch zahlreiche Faltungen, Zotten und bürstenartige Zellen (sogenannte Mikrovilli) ist seine Innenfläche weitaus größer als es zunächst scheint. Die Oberfläche des gesamten Darms beträgt über 30 Quadratmeter.
Hier verbleibt die Nahrung für einige Stunden und kommt so in engen Kontakt mit Verdauungsenzymen und der Darmwand, durch welche die Nährstoffe in den Kreislauf gelangen.

Die Ileozäkalklappe markiert die Stelle, an der der Dünndarm in den Dickdarm (Kolon) übergeht. Hinter dieser Schleuse beginnt der erste Abschnitt des Dickdarms (Intestinum crassum). Hier werden dem Nahrungsbrei die verbliebenen Nährstoffe und Feuchtigkeit entzogen, um ihn weiter einzudicken und so auf die Ausscheidung in Form von Stuhl über den letzten Teil des Verdauungstrakts, den etwa 15 Zentimeter langen Mastdarm, vorzubereiten.
Der Mastdarm ist der letzte Teil des Darms und markiert das Ende des Verdauungstraktes. Er umfasst einen inneren Ringmuskel und dient zur Speicherung von unverdaulichen Nahrungsbestandteilen, die ausgeschieden werden.

 

Die Anatomie des Darms

 

Funktionen des Darmsystems – Mehr als nur Verdauung

Das Darmsystem ist ein wahrer Tausendsassa. Dass seine Hauptfunktion darin besteht, die aufgenommene Nahrung zu verwerten, ist weithin bekannt. Doch darüber hinaus erfüllt er eine ganze Bandbreite lebenswichtiger Funktionen, die weitaus weniger bekannt sind. Hierzu zählen unter anderem:

  • Die Aufnahme von Wasser und Elektrolyten (spezielle Mineralstoffe).
  • Die Regulierung des Stoffwechsels und des Energiehaushalts.
  • Eine essenzielle Beteiligung an den Prozessen des Immunsystems (80 Prozent der Abwehrreaktionen finden hier statt).
  • Der Beitrag zu unserem geistigen Wohlbefinden durch regen Austausch mit dem Gehirn („Darm-Hirn-Achse“).
  • uvm.

 

Erkrankungen und Störungen der Darmwand

Wie jeder Teil unseres Körpers ist auch der Darm und insbesondere die Darmwand nicht vor Erkrankungen gefeit. Da sie wie erwähnt das Bindeglied zwischen dem Darm und zahlreichen Körperfunktionen darstellt, können sich Erkrankungen oder Störungen der Darmwand schnell auch auf andere Bereiche unserer Gesundheit und unseres Wohlbefindens auswirken.

Zu den häufigsten Erkrankungen zählen:

  1. Leaky-Gut-Syndrom: Beim Leaky-Gut-Syndrom (dt. Löchriger Darm) liegen die Epithelzellen der Darmbarriere durch kleinste Schädigungen, sogenannte Mikroläsionen, nicht mehr so eng beieinander wie bei gesunden Menschen. Dadurch können Erreger und Toxine (sog. fakultativ pathogene Keime) in die Darmwand eindringen beziehungsweise diese passieren und so in andere Teile des Körpers befallen. Dies kann sich auf unterschiedlichste Weise äußern, etwa durch Darmbeschwerden, Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder sogar durch eine erhöhte allgemeine Schmerzempfindlichkeit.

  2. Reizdarmsyndrom (IBS): Das Reizdarmsyndrom (eng. Irritable Bowel Syndrome) ist eine häufige und berüchtigte Folge eines löchrigen Darms. Dabei passieren Erreger die Darmbarriere und reizen das dahinterliegende enterische Nervensystem. Reizdarmpatienten leiden unter wiederkehrendem und oft plötzlich auftretendem Durchfall, Bauchschmerzen und Blähungen, manchmal auch gepaart mit Verstopfung. Diese Erkrankung ist für Betroffene oft mit einer großen Einschränkung ihrer Lebensqualität verbunden.

  3. Entzündliche Darmerkrankungen (IBD): Trotz der im Englischen ähnlichen Namensgebung handelt es sich bei dem Überbegriff Inflammatory Bowel Diseases um eine gänzlich andere Erscheinung, nämlich um eine chronische Entzündung des Darms. Allerdings können sich die Symptome zum Teil ähneln, wodurch eine Diagnose nicht immer ganz einfach ist. Hierunter fallen Erkrankungen wie Morbus Crohn oder die Colitis ulcerosa. Sie kennzeichnen sich durch Krämpfe, Müdigkeit, Gewichtsverlust bis hin zu (blutigem) Durchfall. 

  4. Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten: Eine Störung in den unterschiedlichen Schichten des Darms kann dazu führen, dass bestimmte, eigentlich harmlose Stoffe die Darmbarriere verstärkt passieren und so in den Blutkreislauf gelangen. Die Folge kann ein erhöhtes Risiko für Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie zum Beispiel gegen Lactose oder Gluten sein. Aber auch Allergien gegen bestimmte Lebensmittel sind möglich. Zu den typischen Symptomen zählen unter anderem Beschwerden des Magen-Darm-Trakts sowie Hautausschläge, Atemprobleme sowie in extremen Fällen ein anaphylaktischer Schock.

  5. Zöliakie: Bei einer Zöliakie führt Gluten beziehungsweise dessen Unterfraktion Gliadin zu einer chronischen Entzündung und Schädigung der Dünndarmschleimhaut. Es handelt sich um keine Allergie und auch keine Unverträglichkeit, sondern eine Autoimmunreaktion. Durch die Entzündung bilden sich die Darmzotten zurück, wodurch sich die Oberfläche des Dünndarms verringert. In der Folge kann es dazu kommen, dass nicht mehr genügend Nährstoffe aufgenommen werden.

 

Erkrankungen und Störungen der Darmbarriere

 

Die Anatomie der Darmbarriere – Wandschichten

Oberflächlich betrachtet ist der Darm lediglich ein hautähnlicher Schlauch. Betrachtet man den Querschnitt der Darmbarriere jedoch unter dem Mikroskop, erschließt sich ein weitaus komplexeres Bild. Denn die Darmwand ist in mehrere unterschiedliche Wandschichten aufgeteilt, von denen jede ihre eigene, wichtige Aufgabe erfüllt.

 

Verschiedene Definitionen der Darmwandschichten

Bei der Betrachtung der Darmwand finden sich im Internet zahlreiche unterschiedliche Definitionen, welche ihrer Bestandteile jeweils als eigene Darmschicht zu verstehen sind. Welcher Detailgrad herangezogen wird, hängt stark von der jeweiligen Schwerpunktsetzung ab.

In unserer Betrachtungsweise ist der Darm im Wesentlichen in drei Schichten eingeteilt: Das Mikrobiom, die Mukusschicht und die Darmepithelzellenschicht, die auch Schleimhaut des Darms genannt wird.

1. Das Mikrobiom: Alleskönner im Darm

Die oberste, also die der Innenseite des Darms zugewandte Schicht bildet das Mikrobiom. Dieses komplexe Gefüge setzt sich überwiegend aus unzähligen Bakterien zusammen, umfasst aber auch Viren, Pilze und Archaeen.

 

Das Mikrobiom: Alleskönner im Darm

 

Die Bedeutung der Mikrobioms

Die oberste der drei Schichten der Darmbarriere ist das Mikrobiom, das sich an der Oberfläche der Mukusschicht ansiedelt. Dieses Ökosystem aus Milliarden von Darmbakterien spielt eine erhebliche Rolle für unsere Gesundheit und die des Verdauungstraktes. Unter anderem interagiert es eng mit dem Immunsystem und ist daher elementar für unsere Abwehrreaktion.

Beinahe täglich entdecken Forscher weitere Einflüsse des Darmmikrobioms auf verschiedenste Regionen des Körpers, wie der Haut oder unsere Leistungsfähigkeit. Bestimmte Muster im Darmmikrobiom werden mit Erkrankungen wie Übergewicht oder Psoriasis, ja sogar mit Depressionen oder Autismus in Verbindung gebracht. Das Mikrobiom ist heute daher eines der vielversprechendsten und am stärksten wachsenden Forschungsfelder im Gesundheitsbereich.

 

Die Bedeutung der Mukusschicht für den Darm

 

Mikrobiom und Immunabwehr

Die Rolle des Darms in den Mechanismen der Immunabwehr ist eine noch recht junge Entdeckung. Eine Forschergruppe der Universität Perugia in Italien gelangte zu der bedeutenden Erkenntnis, dass rund 70 Prozent des gesamten menschlichen Immunsystems sowie 80 Prozent der Plasmazellen, die für die Produktion von Antikörpern verantwortlich sind, im Darm liegen.

Aufbauend darauf fand ein Team um den deutschen Immunologen Dr. Hans Christian Probst heraus, dass das Mikrobiom ein entscheidender Player in der Immunantwort ist. Denn die Bakterien im Darm bemerken eindringende Krankheitserreger und senden umgehend Warnsignale an die sogenannten dendritischen Zellen, die für die Aktivierung der Immunantwort in unserem Körper zuständig sind. Dadurch wird die Bekämpfung der Erreger eingeleitet.1

 

2. Die Mukusschicht: Lebensraum und Schmiermittel

Die Mukusschicht dient als Nährboden für das Mikrobiom. Der von der Darmschleimhaut abgesonderte Mukus ist eine gallertartige Substanz, die aus einer komplexen Verbindung aus Proteinen, Glykoproteinen und Elektrolyten besteht. Neben ihrer Funktion als Lebensraum für die Darmflora erfüllt die Mukusschicht aber auch noch einige andere wichtige Aufgaben:

  • Physikalische Barriere: Die Mukussschicht schützt das jenseits des Darmepithels liegende darmassoziierte Immunsystem bereits auf rein physikalischer Ebene, indem es Eindringlinge wie Bakterien, Viren und Parasiten in das Darmgewebe auf Abstand hält und somit das Risiko von Infektionen und Entzündungen reduziert. Fremdstoffe können diese Schicht im gesunden Zustand nur schwer passieren.

  • Antimikrobielle Aktivität: Die Mukusschicht geht auch direkt gegen Krankheitserreger vor. Keime werden durch das im Schleim eingelagerte sekretorische Immunglobin A (slgA) eliminiert. Es handelt sich um besondere Antikörper, die von Immunzellen gebildet und an die Schleimschicht abgegeben werden. Dort haften sie sich an unerwünschte Eindringlinge an und transportieren sie über den Stuhl ab, ehe sie die Darmschleimhaut erreichen und dort Schaden anrichten können.2

  • Regulation der Immunantwort: Die Schleimschicht, vor allem aber das darauf lebende Mikrobiom, stehen im engen wechselseitigen Austausch mit dem Darmepithel, also der äußersten Schicht der Darmwand. Diese Kommunikation steuert die Immunabwehr des Darms, um schnell und zielgerichtet gegen etwaige Gefahren vorzugehen. So kann die Darmflora Signale an die Darmbarriere übermitteln. Diese „übersetzt“ die empfangenen Signale und kann eine entsprechende Immunreaktion anfordern. Umgekehrt kann das Immunsystem, abermals über die Darmbarriere als Schnittstelle, den Befehl an das Mikrobiom geben, seine Komposition zu modifizieren.

  • Modulation der Darmflora: Bei gesunden Menschen ist die Schleimschicht von einem dichten Teppich wünschenswerter Bakterien besiedelt. Indem die Mukusschicht optimale Voraussetzungen für deren Ausbreitung schafft, verhindert sie gleichzeitig, dass in diesem Teppich Lücken entstehen, in denen sich krankmachende Fäulnisbakterien ausbreiten können. Ein Gleichgewicht der Darmflora ist daher entscheidend für die Aufrechterhaltung der (Darm-)Gesundheit.

 

Die Mukusschicht hilft bei der Immunabwehr

 

3. Die Darmschleimhaut: Das Filtersystem des Darms

Die Darmepithelzellenschicht wird häufig auch als Darmschleimhaut bezeichnet. Sie ist die unterste Schicht der Darmwand und fungiert als Schnittstelle zwischen dem Mikrobiom und vielen gesundheitlichen Aspekten des gesamten Körpers – ganz zu schweigen von ihrer fundamentalen Rolle für das Verdauungssystem.

Wer denkt, die Darmschleimhaut sei lediglich eine glatte Oberfläche, die Mukus, also Schleim, absondert, täuscht sich. Es handelt sich um eine hauchdünne, einschichtige Membran aus Epithelzellen, die wie ein Filter fungiert. Sie muss einerseits durchlässig für Nährstoffe sein, andererseits aber krankmachende Erreger davon abhalten, in den Blutkreislauf zu gelangen.

Dabei erneuern sich die Zellen der Darmschleimhaut alle 3 bis 5 Tage vollständig. Diese schnelle Erneuerungsrate der Zellen ist notwendig, um den ständig einwirkenden Säften des Verdauungstrakts, Erregern und mechanischen Belastungen durch den Nahrungsbrei zu trotzen.

 

Aufbau und Funktion der Darmepithelzellenschicht

Nachfolgend wollen wir uns den Aufbau der Darmepithelzellenschicht beziehungsweise der Darmschleimhaut im Detail ansehen:

  1. Epithelzellen: Der Grundbaustein der Darmepithelzellenschicht sind ihre namengebenden Epithelzellen, die in einer einschichtigen, hauchdünnen Lage auf der Oberfläche der Darmzotten liegen. Sie fungieren als „Türsteher“ und müssen einerseits die Nährstoffe passieren lassen (Resorption), andererseits aber Fremdstoffe abhalten. Sie werden durch spezielle Zwischenzellverbindungen, sogenannte Tight Junctions, fest zusammengehalten.

  2. Muköse Drüsen: Inmitten der Epithelzellen befinden sich zudem muköse Drüsen, die den für das Mikrobiom als Nährboden notwendigen Schleim produzieren, der darüber hinaus weitere Aufgaben als natürliches Schmiermittel und Schutz vor mechanischer Belastung erfüllt.

  3. Darm-assoziiertes Lymphgewebe (Gut Assoc. Lymph. Tiss - GALT): Das Darmepithel ist eng mit dem Mukosa-assoziierten Lymphgewebe verbunden, einem spezialisierten Bereich des Immunsystems, das voller Lymphozyten und anderer Immunzellen steckt und für die Immunantwort im Darm verantwortlich sind.

 

Aufbau und Funktionen der Darmschleimhaut

 

Wie arbeiten die drei Schichten des Darms zusammen?

Keine der drei Schichten des Darms ist ein vollkommen autonomes System. Sie stehen in ständiger Wechselwirkung zueinander. Veränderungen der einen Schicht können sich auch unmittelbar auf die anderen beiden auswirken. Im Folgenden wollen wir einige dieser Interaktionen beleuchten.

  1. Mikrobiom und Mukusschicht: Wie erwähnt dient die Mukusschicht den lebenswichtigen Bakterien in unserem Darm als Nährboden. Ein gesundes Darmepithel, das Mukus in gerade richtiger Menge produziert, trägt über diese Brücke auch zu einer ausgeglichenen Darmflora bei. Denn gerade ein Zuwenig an Schleim kann die Vermehrung wünschenswerter Bakterien beeinträchtigen.

  2. Mikrobiom und Darmepithel: Bereits bekannt ist das Zusammenspiel zwischen dem Darmmikrobiom und dem Immunsystem. Neuere Untersuchungen an Mäusen zeigen darüber hinaus, dass eine unausgeglichene Darmflora nicht nur zu Veränderungen an den borstenartigen Mikrovilli, sondern auch zu einer rückläufigen Zellerneuerung der Epithelzellenschicht führen kann.3 Nicht nur das: In einer vielbeachteten Studie von Yusuke Kinashi und Koji Hase zeigte sich, dass eine Störung des Mikrobioms sogar zu Schädigungen an der Darmbarriere, einem Leaky-Gut-Syndrom, führen kann (s. Grafik).4

  3. Mukusschicht und Darmepithel: Neben seiner Funktion als Nährboden des Mikrobioms fungiert die Schleimschicht auch als Barriere, die das Durchdringen pathogener Keime zum Darmepithel hemmt5 und dieses darüber hinaus auf mechanische Weise vor Verletzungen beispielsweise durch Nahrungsbrei schützt. Darüber hinaus produziert ein gesundes Darmepithel ausreichend Schleim, der schädliche Substanzen „einfängt“, wodurch diese ausgeschieden werden können, ohne Schaden anzurichten.6

 

Das Leaky-Gut-Syndrom

 

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Fazit

Der Darm ist ein hochkomplexes Organ, dessen Aufgaben weit über die reine Verdauung hinausgehen. Er ist in drei Abschnitte unterteilt: Den Dünndarm, den Dickdarm und den Mastdarm, die dem Nahrungsbrei Nährstoffe und Flüssigkeit entziehen und ihn für die Ausscheidung vorbereiten. 

Betrachtet man die Darmwand genauer, ist auch diese in drei hochspezialisierte Abschnitte eingeteilt: das Mikrobiom, die Mukusschicht und die Darmepithelzellenschicht – auch Darmschleimhaut genannt. Das Mikrobiom ist dabei ein dichtes Netzwerk von Bakterien, das essenziell für die Immunabwehr, Gesundheit und unser Wohlbefinden ist. Die unter ihm liegende Mukusschicht dient als Barriere und Schutz, unterstützt das Mikrobiom und reguliert die Immunreaktionen. Die Basis bildet die Darmepithelzellenschicht, der eine besondere Rolle zukommt: Sie fungiert als Filter, der Nährstoffe passieren lassen und schädliche Stoffe abwehren muss.

Die Schichten des Darms sind eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. Daher ist es wichtig, die Darmwand stets ganzheitlich zu betrachten.

Häufig gestellte Fragen

Was ist Mukosa?

Als Mukosa werden Schleimhäute bezeichnet, welche die Oberflächen verschiedener Hohlorgane im Körper auskleiden. Dies schließt auch das Darmepithel ein, das eine wichtige Filterfunktion einnimmt und darüber hinaus für die Produktion von Schleim (Mukus) verantwortlich ist.

Hängen Mukosa und Darmschleimhaut zusammen?

Ja, bei Mukosa handelt es sich um einen Fachausdruck für Schleimhäute, der auch die Darmschleimhaut (auch Darmepithel oder Darmbarriere genannt) umfasst.

Was ist Leaky Gut?

Leaky Gut, (eigentlich Leaky-Gut-Syndrom) ist eine Schädigung der Darmbarriere, bei der es in der Darmepithelzellenschicht zu kleinsten Verletzungen, sogenannten Mikroläsionen, kommt. Dabei liegen die Epithelzellen, die eigentlich von sogenannten Tight Junctions zusammengehalten werden, nicht mehr so dicht beieinander, wie sie es sollten. Als Resultat der lückenhaften Darmbarriere können fakultativ pathogene Keime wie Bakterien, Toxine und andere Krankheitserreger in den Blutkreislauf und die Blutgefäße gelangen und verschiedene Erkrankungen, wie beispielsweise das Reizdarmsyndrom, oder zahlreiche andere Symptome, wie etwa anhaltende Müdigkeit, verursachen.

Ist die Darmflora eine Darmschicht?

Die Darmflora, die fachlich als Darmmikrobiom bezeichnet wird, beschreibt die Gesamtheit der im Darm lebenden Mikroorganismen. Dieses hauptsächlich aus Bakterien bestehende Ökosystem steht in einem empfindlichen Gleichgewicht zueinander und spielt eine entscheidende Rolle für unser Immunsystem und unser Wohlbefinden. Die Darmflora siedelt sich an der Oberfläche der Mukusschicht an und ist somit ein Teil dieser, kann jedoch, je nach Definition, als eigene Schicht bezeichnet werden.

Sind Dickdarm und Dünndarm ein Teil vom Verdauungssystem?

Ja, Dickdarm (inklusive Blinddarm) und Dünndarm (inklusive Zwölffingerdarm) sind ein Teil des Verdauungssystems. Unser gesamtes Verdauungssystem umfasst die Mundhöhle, die Ohrspeicheldrüse, die Unterzungenspeicheldrüse, die Unterkieferpeicheldrüse, die Speiseröhre, die Leber, die Gallenblase, den Magen, die Bauchspeicheldrüse, den Dünndarm, den Dickdarm, den Wurmfortsatz, den Enddarm und den Anus (Rektum).

Autor des Ratgeber-Artikels zur Darmgesundheit und Ernährung – Fachkundige Tipps für eine gesunde Darm-Ernährung
Autor dieses Beitrags:

Anja Müller-Lehmbach

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Quellen:

[1] Probst. H. C., Schaupp L., et al. (2020): Microbiota-Induced Type I Interferons Instruct a Poised Basal State of Dendritic Cells. Cell. 2020 May 28;181(5):1080-1096.e19. doi: 10.1016/j.cell.2020.04.022.
[2] Li Y., Jin L., et al. (2020): The Effects of Secretory IgA in the Mucosal Immune System. Biomed Res Int. 2020 Jan 3;2020:2032057. doi: 10.1155/2020/2032057.
[3] Yu L. C., Wang J. T., et al. (2012): Host-microbial interactions and regulation of intestinal epithelial barrier function: From physiology to pathology. World J Gastrointest Pathophysiol. 2012 Feb 15;3(1):27-43. doi: 10.4291/wjgp.v3.i1.27.
[4] Kinashi Y., Hase K. (2021): Partners in Leaky Gut Syndrome: Intestinal Dysbiosis and Autoimmunity. Front Immunol. 2021 Apr 22;12:673708. doi: 10.3389/fimmu.2021.673708.
[5] Schoultz I, Keita ÅV. The Intestinal Barrier and Current Techniques for the Assessment of Gut Permeability. Cells. 2020 Aug 17;9(8):1909. doi: 10.3390/cells9081909.
[6] Wood J. D. (2007): Effects of bacteria on the enteric nervous system: implications for the irritable bowel syndrome. J Clin Gastroenterol. 2007 May-Jun;41 Suppl 1:S7-19. doi: 10.1097/MCG.0b013e31802f1331.

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